Aktienrecht: Großer Prozesserfolg in Wien – 185 Millionen Euro Nachzahlung für Aktionäre der Bank Austria wegen Zwangsausschluss

Sommerberg-Rechtsanwalt Olaf Hasselbruch vertritt mehrere Antragsteller vor dem Handelsgericht Wien im Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung im Rahmen des Ausschlusses der Minderheitsaktionäre der Bank Austria Creditanstalt AG (BA-CA).

Die ordentliche Hauptversammlung der BA-CA hatte am 3. Mai 2007 beschlossen, die Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin UniCredito zu übertragen. Als Gegenleistung wurde eine Barabfindung in Höhe von 129,40 Euro je Aktie festgelegt. Der sogenannte „Squeeze-out“ wurde im Jahr 2008 vollzogen.

„Nach unserer Auffassung war diese Barabfindung deutlich zu niedrig bemessen. Für die von uns vertretenen ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre haben wir daher eine gerichtliche Überprüfung der Abfindung beim Handelsgericht Wien beantragt“, erläutert Rechtsanwalt Hasselbruch.

Das Gericht schloss sich nun der Argumentation der Antragsteller an und entschied am 28. Februar 2025, dass der angemessene Abfindungsbetrag je BA-CA-Aktie 154 Euro beträgt – und somit um 24,60 Euro über dem ursprünglich gezahlten Betrag liegt.

Damit steht den ehemaligen Minderheitsaktionären eine erhebliche Nachzahlung durch die Hauptaktionärin UniCredito zu. Diese zusätzliche Barzahlung betrifft rund 7,5 Millionen Aktienrechte, was ein gesamtes Nachzahlungsvolumen von etwa 185 Millionen Euro bedeutet – ein bedeutender Erfolg für die Rechte der Kleinaktionäre der BA-CA.

Hinweis: Der Beschluss des Handelsgerichts Wien ist noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung können Rechtsmittel eingelegt werden.

Teil-Musterentscheid im Wirecard-Musterverfahren – Bayerisches Oberstes Landesgericht weist Feststellungsziele zurück

Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat am 28. Februar 2025 in dem Kapitalanleger-Musterverfahren in Sachen Wirecard (Az. 101 Kap 1/22) einen Teil-Musterentscheid verkündet.

Mit dieser Entscheidung hat das Gericht die meisten Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses des Landgerichts München I vom 14. März 2022 (Az. 3 OH 2767/22 KapMuG) als unzulässig zurückgewiesen.

Außerdem hat das Bayerische Oberste Landesgericht mit dem Teil-Musterentscheid sämtliche Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses, die sich gegen die Wirecard-Abschlussprüferin, die Musterbeklagte zu 2) EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (EY) richten, als im Musterverfahren nicht statthaft zurückgewiesen. Der Beurteilung des Gerichts zufolge seien die Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche gegen die Abschlussprüferin EY nicht im Musterverfahren zu klären.

Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof

Die Kanzlei Sommerberg hält die Entscheidung für falsch. Wir sind der festen Überzeugung, dass das Gericht die Zulässigkeitsfragen fehlerhaft beurteilt hat. Unserer Ansicht nach sprechen starke rechtliche Argumente dafür, dass die Feststellungsziele zulässig und statthaft sind.

Aus diesem Grund werden wir die Einlegung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) gegen den Teil-Musterbescheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts veranlassen.

Unsere Mandanten müssen derzeit nicht tätig werden, sondern können den Ausgang des Verfahrens über die Rechtsbeschwerde vor dem BGH abwarten. Selbstverständlich halten wir Sie über den weiteren Verlauf und alle wesentlichen Entwicklungen auf dem Laufenden.

Weitere Einzelheiten zum Teil-Musterentscheid des Bayerischen Obersten Landesgerichts

In dem Kapitalanleger-Musterverfahren streiten die Verfahrensbeteiligten darüber, ob die Wirecard AG im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihrer Geschäftsberichte für die Jahre 2014 bis 2018 Pflichten im Rahmen der Kapitalmarktkommunikation verletzt hat, sowie darüber, ob EY als Musterbeklagte zu 2) bei der Überprüfung der Konzern-Rechnungslegung der Wirecard AG für die genannten Geschäftsjahre gegen Prüfpflichten verstoßen und sich durch die Erteilung uneingeschränkter Bestätigungsvermerke an fehlerhaften Kapitalmarktinformationen der Wirecard AG beteiligt oder selbst fehlerhafte Kapitalmarktinformationen getätigt hat.

Mit dem Teil-Musterentscheid vom 28. Februar 2025 hat der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts sämtliche Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses, die sich gegen die Abschlussprüferin EY richten, als im Musterverfahren nicht statthaft zurückgewiesen. Mit diesen Feststellungszielen sollten Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche gegen die Abschlussprüferin festgestellt werden, die auf die Erteilung uneingeschränkter Bestätigungsvermerke über die Prüfung der Konzernabschlüsse und Konzernlageberichte der Wirecard AG für die Geschäftsjahre 2014 bis 2018 gestützt werden.

Der Senat hat den Meinungsstreit darüber, ob Schadensersatzansprüche gegen den Abschlussprüfer wegen der Erteilung eines Bestätigungsvermerks in den Anwendungsbereich des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) fallen, dahingehend entschieden, dass dies jedenfalls für die im Verfahren noch anzuwendende, bis einschließlich 19. Juli 2024 geltende Fassung des Gesetzes (a. F.) nicht der Fall sei. Er hat die Ansicht vertreten, es fehle an dem erforderlichen unmittelbaren Bezug zwischen dem Bestätigungsvermerk, den der Abschlussprüfer an die geprüfte Gesellschaft kommuniziere, und einer öffentlichen Kapitalmarktinformation. Dabei hat der Senat betont, dass der Bestätigungsvermerk zwar eine wichtige Informationsquelle für den Markt und insbesondere für Kapitalanlageinteressenten sei. Jedoch sei nach der Rechtsprechung des BGH der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KapMuG a. F. nur eröffnet, wenn die geltend gemachte Schadensersatzpflicht an die Publikation oder Veranlassung einer für die Öffentlichkeit bestimmten Kapitalmarktinformation anknüpfe. Da nicht der Abschlussprüfer, sondern die geprüfte Gesellschaft die mit der Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks verbundene Unterrichtung des Kapitalmarkts veranlasse, im vorliegenden Fall also die Wirecard AG, stehe das Kapitalanlegermusterverfahren nicht zur Verfügung, um die Voraussetzungen von Schadensersatzansprüchen gegen den Abschlussprüfer zu klären.

Zahlreiche weitere Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses hat der Senat mit dem Teil-Musterentscheid vom 28. Februar 2025 als unzulässig zurückgewiesen, weil sie zu unbestimmt seien und damit den Gegenstand des Musterverfahrens nicht hinreichend abgrenzten. Andere Feststellungsziele sind als unzulässig zurückgewiesen worden, weil für die begehrte Feststellung das Rechtsschutzbedürfnis fehle oder es sich nicht um taugliche Feststellungsziele im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 KapMuG a. F. handele. Konkret wurden die folgenden Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses als unzulässig zurückgewiesen:

A I 1 a bis e, 2 a bis e, 3 a bis e, 4 a bis e, 5 a bis e, 6 und 7, A II 1 a bis f, 2 c und d, das im Obersatz zu A II 3 enthaltene Feststellungsziel, soweit § 331 Nr. 2 HGB (a. F.) in Bezug genommen wird, A II 3 a bis c, das im Obersatz zu A II 4 enthaltene Feststellungsziel, A II 4 a, soweit die Feststellung begehrt wird, dass § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG (a. F.) Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB ist, A II 4 b, 5, 6, 7, 8 und 9 sowie D 2.

Aus dem Teil-Musterentscheid ergibt sich aber auch, dass der Senat im weiteren Verfahren insbesondere über die Zulassung der zahlreichen Erweiterungsanträge zu entscheiden haben wird.

Zudem geht aus der Entscheidung hervor, dass die Zurückweisung sämtlicher gegen EY als Musterbeklagte zu 2) gerichteten Feststellungsziele zunächst nicht zur Folge hat, dass EY als Musterbeklagte aus dem Musterverfahren ausscheidet.

Gegen den Teil-Musterentscheid kann Rechtsbeschwerde zum BGH eingelegt werden. Dies wird die Kanzlei Sommerberg veranlassen.

 

 

 

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Erfolgreiches Gerichtsverfahren vor dem LG Berlin II für die Aktionärsrechte: Kanzlei Sommerberg und weitere Prozesskanzleien erstreiten 23 Millionen Euro Nachzahlung für Vattenfall-Aktionäre

Kanzlei Sommerberg sowie weitere Aktionäre und deren Anwälte erstreiten Gerichtsentscheidung gegen Vattenfall.

„Neben unserem Antrag haben auch weitere mittlerweile ausgeschlossene Minderheitsaktionäre bzw. deren Rechtsanwälte den Antrag gestellt, ein Gerichtsverfahren einzuleiten, um die angemessene Barabfindung wegen des Squeeze-out bei der Vattenfall Europe AG feststellen zu lassen“, erklärt Olaf Hasselbruch, Rechtsanwalt bei der im Anleger- und Aktionärsschutz tätigen Kanzlei Sommerberg.

Die Gesellschaft war als Konzernholding der Vattenfall Europe Unternehmensgruppe tätig und deckte alle Gebiete der Energieversorgung ab. Im Jahr 2008 wurden im Rahmen eines sogenannten Squeeze Out die Minderheitsaktionäre der Vattenfall Europe AG aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Die Minderheitsaktionäre hatten ihre Vattenfall-Aktien auf die Hauptaktionärin, die Vattenfall GmbH, zu übertragen und erhielten dafür im Gegenzug eine Zahlung von 57 Euro je Vattenfall-Aktie.

„Diese Abfindung stellte sich meiner Beurteilung nach als unangemessen niedrig dar. Ebenso wie weitere Aktionäre und deren Prozessvertreter habe ich daher die gerichtliche Überprüfung der Höhe der Abfindungszahlung beantragt – mit Erfolg!“, sagt Anwalt Hasselbruch.

Das Landgericht Berlin II hat mit Beschluss vom 26 November 2024 dem Antrag auf Neufestsetzung der Abfindung stattgegeben. Das Gericht hat die Barabfindung erhöht auf den tatsächlich angemessenen Betrag von 60,55 Euro je Aktie.

Für jede Aktie ist somit eine Nachzahlung von 3,55 Euro fällig. Bezogen auf die Gesamtanzahl von 6.454.150 Aktien außenstehender Aktionäre ergibt sich ein von der Großaktionärin zu erstattender Betrag von knapp 23 Millionen Euro.

LG Berlin II Az. 102 O 88/08 AktG

 

 

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Zur mündlichen Verhandlung im Wirecard-Musterverfahren am 22. November 2024

Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat heute in dem Kapitalanleger-Musterverfahren in Sachen Wirecard AG (Az.: 101 Kap 1/22) in der Wappenhalle München mündlich verhandelt. Gegenstand der Verhandlung war die Zulässigkeit der Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses des Landgerichts München I vom 14. März 2022 (Az. 3 OH 2767/22 KapMuG).

Als Vertreter der Kanzlei Sommerberg haben Rechtsanwalt Hasselbruch und Rechtsanwalt Diler an dem Verhandlungstermin teilgenommen.

Die Frage, ob die gegen die Musterbeklagte zu 2) (EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) gerichteten Feststellungsziele im vorliegenden Kapitalanleger-Musterverfahren geklärt werden können, wurde mit den Verfahrensbeteiligten erörtert.

Der Senat wies darauf hin, dass nach vorläufiger Einschätzung zahlreiche Feststellungsziele als unbestimmt und daher unzulässig abzuweisen sein könnten. Einzelne Feststellungsziele könnten mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sein.
Termin zur Verkündung einer Entscheidung wurde bestimmt auf Freitag, 28. Februar 2025, 10:00 Uhr.

Durch den Musterkläger und Beigeladene wurden nach Vorlage des Verfahrens an das Bayerische Oberste Landesgericht noch rund 2.500 weitere Feststellungsziele eingereicht. Über deren Zulassung und Zulässigkeit wird der Senat gesondert entscheiden.

 

 

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Positives Urteil des OLG München: Geschädigte Aktionäre sind Gläubiger im Wirecard-Insolvenzverfahren und können auf Insolvenzquote hoffen

Das Oberlandesgericht München hat erfreulicherweise mit Urteil vom 17. September 2024 die Rechtsposition der geschädigten Aktionäre der Wirecard AG gestärkt (Aktenzeichen: 5 U 7318/22).

Der Gerichtsentscheidung zufolge stellen die von den betroffenen Wirecard-Anlegern verfolgten Schadensersatzansprüche Insolvenzforderungen nach § 38 Insolvenzordnung dar, die zur Tabelle im Wirecard-Insolvenzverfahren angemeldet werden können.

In der Vorinstanz hatte das Landgericht München I dagegen geurteilt, dass die im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Wirecard AG zur Tabelle angemeldeten kapitalmarktrechtlichen Schadensforderungen nicht als Insolvenzforderungen angemeldet werden könnten. Diese Entscheidung wurde nunmehr vom OLG München abgeändert.

Die sogenannte Rangfrage wurde damit zugunsten der Anleger geklärt. Dies bedeutet, dass die geschädigten Anleger grundsätzlich gleichberechtigt wie die anderen Gläubiger im Insolvenzverfahren zu behandeln sind. Wenn ein Schadensersatzanspruch festgestellt wird, ist den Anlegern die gleiche Insolvenzquote zu zahlen, die auch den sonstigen Gläubigern im Wirecard-Insolvenzverfahren zusteht. Der Insolvenzverwalter der Wirecard AG hat bislang noch keine Einschätzung zur Höhe einer möglichen Insolvenzquote abgegeben.

Die Entscheidung des OLG München ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil wird voraussichtlich die Revision bei dem Bundesgerichtshof eingelegt werden.

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Kanzlei Sommerberg: Zahlreiche Erfolge für Fondsanleger erzielt

Die Kanzlei Sommerberg ist die Interessenvertretung für die geschädigten Anleger des Immobilienfonds UniImmo Wohnen ZBI in ganz Deutschland. Viele der Fondsanleger haben sich bei uns registriert mit dem Ziel, ihre Schadensersatzansprüche (Rückabwicklung des Fondskaufs) durchzusetzen.

Unsere Handlungsstrategien beruhen auf langjährige Erfahrung im Kapitalmarktrecht. Seit über 20 Jahren setzen die Sommerberg-Rechtsanwälte mit großem Erfolg die Rechte von Fondsanlegern durch. Unsere Mandanten sind Kleinsparer ebenso wie vermögende Privatkunden.

Seit 2011 warnen wir vor den Risiken offener Immobilienfonds. Schon damals gab es eine Fondskrise. Mehrere Immobilienfonds wurden zahlungsunfähig und mussten abgewickelt werden. Seitdem machen wir für betroffene Fondsanleger Schadensersatzansprüche geltend. Es geht hier darum, die Rückabwicklung des Geldinvestments zu erreichen. Wir haben bereits Hunderte Immobilienfonds-Anleger erfolgreich vertreten.

Verhandlung im Wirecard-Musterverfahren am 22. November 2024

Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts verhandelt am 22. November 2024 in dem Kapitalanleger-Musterverfahren in Sachen Wirecard AG in München. Der Termin wurde an diesem Tag auf 10:00 Uhr bestimmt. Vorsorglich wurde ein Fortsetzungstermin für den 25. November 2024, 10:00 Uhr, anberaumt.

Der konkrete Terminsort steht noch nicht fest; er wird gesondert bekanntgegeben, sobald die Raumfrage abschließend geklärt ist. Einzelheiten zu organisatorischen Fragen werden rechtzeitig vor dem Termin gesondert mitgeteilt.

Gegenstand der mündlichen Verhandlung wird die Zulässigkeit der Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses des Landgerichts München I vom 14. März 2022 (Az. 3 OH 2767/22 KapMuG) sein. Dabei wird es insbesondere darum gehen, ob die Feststellungsziele gegen die Musterbeklagte zu 2), die EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, statthaft sind sowie insgesamt um die Frage der Bestimmtheit der Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses.

Die Kanzlei Sommerberg wird selbstverständlich an dem Verhandlungstermin teilnehmen. Anschließend werden wir unsere Mandanten ausführlich über den Ablauf und Inhalt des Termins informieren.

 

 

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Aktuelle Beschlüsse des Bayerischen Obersten Landesgerichts im Wirecard-Musterverfahren

Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG) hat in dem Kapitalanleger-Musterverfahren in Sachen Wirecard (Az.: 101 Kap 1/22) am 13. Mai 2024 drei Beschlüsse erlassen, die aktuell eingetretenen Entwicklungen Rechnung tragen:

  1. Einleitung eines Insolvenzverfahrens hinsichtlich einer Musterbeklagten

Das Amtsgericht Limburg a. d. Lahn hat mit Beschluss vom 21. Februar 2024 für das Vermögen der bisherigen Musterbeklagten zu 7), der MB Beteiligungsgesellschaft mbH, einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und ihr ein allgemeines Verfügungsverbot nach der Insolvenzordnung auferlegt. Bei der MB Beteiligungsgesellschaft mbH handelt es sich um die private Vermögensverwaltungsfirma des ehemaligen Wirecard-Vorstands Herr Dr. Markus Braun, der als Hauptverantwortlicher des Skandals bei der Wirecard AG gilt.

In seinem ersten Beschluss hat das BayObLG festgestellt, dass der vorläufige Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes Rechtsnachfolger der MB Beteiligungsgesellschaft mbH im Musterverfahren geworden ist. Gleichzeitig ist das Musterverfahren gegen diesen Musterbeklagten unterbrochen worden. Das Verfahren gegen die übrigen zehn Musterbeklagten bleibt hiervon unberührt.

  1. Umwandlung der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in die EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Mit dem zweiten Beschluss hat der Senat den Antrag unter anderem des Musterklägers zurückgewiesen, die Parteibezeichnung der Musterbeklagten zu 2), dies ist die Wirtschaftsprüfungsfirma EY, von Amts wegen wieder in „Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, gesetzlich vertreten durch die Geschäftsführer“ abzuändern.

Dem Antrag lag zugrunde, dass die Gesellschafter der Musterbeklagten zu 2) eine Änderung ihrer Rechtsform beschlossen hatten; die Musterbeklagte zu 2) firmiert nunmehr als „EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft“. Die Änderung war am 1. Februar 2024 in das Handelsregister eingetragen worden. Der Senat hatte daraufhin das Rubrum des Musterverfahrens von Amts wegen entsprechend berichtigt. Mit dem Antrag sollte diese Änderung rückgängig gemacht werden. Die Antragsteller haben vorgebracht, dass der Formwechsel insbesondere wegen Verstoßes gegen Gläubigerschutzvorschriften unwirksam sei.

Das BayObLG hat dem Antrag nicht entsprochen. Zur Begründung hat es betont, dass eine in das Handelsregister eingetragene Änderung der Rechtsform umfassenden Bestandsschutz genießt und im Interesse der Rechtssicherheit– selbst bei Vorliegen der von den Antragstellern behaupteten schwerwiegenden Mängel des zugrunde liegenden Umwandlungsbeschlusses und des Eintragungsverfahrens– grundsätzlich nicht rückgängig gemacht werden kann. Einer der wenigen anerkannten Ausnahmefälle von diesem Grundsatz liegt nicht vor.

  1. Anträge auf Abtrennung des Musterverfahrens gegen einzelne Musterbeklagte, insbesondere die EY GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Mit seinem dritten Beschluss hat der Senat die Anträge des Musterklägers und mehrerer Beigeladener, das Musterverfahren gegen die EY GmbH & Co.KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Musterbeklagte zu 2) bzw. gegen den vorläufigen Insolvenzverwalter des Vermögens der MB Beteiligungsgesellschaft mbH (Musterbeklagter zu 7) und gegen Dr. Markus Braun (Musterbeklagter zu 1) abzutrennen, abgelehnt.

Der Senat erachtet die beantragten Abtrennungen als unzulässig. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass es im Falle einer Abtrennung zu zwei parallelen Musterverfahren mit teilweise identischen Feststellungszielen käme, was der gesetzlichen Konzeption einer Bündelung aller Feststellungsziele in einem Verfahren zuwiderliefe.

Eine Abtrennung des Verfahrens gegen den Musterbeklagten zu 7) scheidet nach Ansicht des BayObLG von vornherein aus, weil der den Gegenstand des Musterverfahrens bestimmende Vorlagebeschluss des Landgerichts München I vom 14. März 2022 keine Feststellungsziele enthält, die allein die MB Beteiligungsgesellschaft mbH betreffen.

 

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HRE-Musterverfahren und HRE-Anlegerklagen: Vergleich unter Mitwirkung der Kanzlei Sommerberg 

Nach mehr als 13-jähriger Prozessdauer sind die Streitigkeiten zwischen der damaligen Skandalbank Hypo Real Estate Holding AG (HRE) und ihren früheren Aktionären weitgehend erledigt. Die Parteien haben sich jeweils auf einen Vergleich geeinigt.

Über 90 bislang noch offene Schadensersatzprozesse, die von betroffenen Aktionären vor dem Landgericht München I gegen die HRE als Beklagte betrieben wurden, wurden jetzt durch Vergleich beendet. Die Kanzlei Sommerberg hat rund ein Fünftel der Kläger gegen die HRE in diesen Verfahren vertreten. „Für unsere Mandanten haben wir uns jeweils auf den Vergleichsabschluss mit der HRE geeinigt“, erklärt Sommerberg-Rechtsanwalt Diler.

Die Ausgangsverfahren ebenso wie das eingeleitete Kapitalanleger-Musterverfahren gegen die HRE wurden auf diese Weise beendet.

Zum Hintergrund:

Vor dem Landgericht München I wurden gegen die HRE eine Vielzahl von Schadensersatzklagen erhoben, die sich darauf stützten, es seien Pflichten zur Information des Kapitalmarktes im Zeitraum vom 11. Juli 2007 bis 4. Oktober 2008 verletzt worden.

Das Landgericht München I erließ am 22. September 2010 einen Vorlagebeschluss und leitete damit ein Kapitalanleger-Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht München ein. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2014 erließ das Oberlandesgericht München einen Musterentscheid, in dem es teilweise Feststelllungen zum Nachteil der HRE traf, teilweise die begehrten Feststellungen der Kläger zurückwies. Gegen diese Entscheidung legten sowohl der frühere Musterkläger als auch die HRE Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ein. Mit Beschluss vom 17. Dezember 2020 gab der Bundesgerichtshof den Rechtsmitteln teilweise statt und verwies das Verfahren wegen weiterer noch zu treffender Feststellungen an das Oberlandesgericht München zurück.

Nach der Zurückverweisung schloss die HRE ab Mai 2022 mit dem früheren Musterkläger sowie mit zahlreichen weiteren Beigeladenen außergerichtliche Vergleiche, in deren Folge diese Kläger ihre Klagen zurücknahmen und aus dem Musterverfahren ausschieden.

Das OLG München bestellte am 4. Dezember 2023 eine neue Musterklägerin. Diese und die HRE sowie die weiteren Kläger der Ausgangsverfahren einigten sich am 6. Februar 2024 auf einen Vergleich, der für alle noch am Musterverfahren 105 Beteiligte in 93 ausgesetzten Ausgangsverfahren einen nach den Erwerbszeitpunkten gestaffelten Zahlungsanspruch vorsieht.

Mit Beschluss vom 18. März 2024 genehmigte der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München den Vergleich und leitete das Zustimmungsverfahren nach den Vorschriften des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes ein. Die Beigeladenen konnten innerhalb eines Monats den Austritt aus dem Vergleich erklären. Nur wenn mehr als 30 % der Beigeladenen ihren Austritt erklärt hätten, wäre nach der gesetzlichen Reglung das Musterverfahren fortzusetzen gewesen.

Mit Beschluss vom 6. Mai 2024 stellte das Oberlandesgericht die Wirksamkeit des Vergleiches und das Ende des Musterverfahrens fest, nachdem bis dahin über 85 % der Beigeladenen dem Vergleich ausdrücklich zugestimmt hatten. Nach über 13- jähriger Prozessdauer ist das Musterverfahren damit beendet.

Musterfeststellungsklage gegen Sparkasse: Bayerisches Oberstes Landesgericht bestätigt Auffassung der Kanzlei Sommerberg zur Unwirksamkeit von Prämiensparverträgen

Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat der Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Nürnberg teilweise stattgegeben. Die Entscheidung betrifft insbesondere die Anpassung variabler Vertragszinsen in Prämiensparverträgen mit unwirksamer Zinsklausel und die Kündbarkeit von Prämiensparverträgen.

Mit seinem Urteil vom 28. Februar 2024 (Aktenzeichen 101 MK 1/20) hat das Bayerische Oberste Landesgericht mehrere Feststellungen getroffen, die die von der Kanzlei Sommerberg vertretenen Rechtsauffassung zu den verwendeten Prämiensparverträgen stützt. „Wir sehen uns in wichtigen Punkten durch die Gerichtsentscheidung in unserer Argumentation bestätigt“, sagt Rechtsanwalt Olaf Hasselbruch von der Kanzlei Sommerberg, die deutschlandweit betroffene Sparkassen-Kunden vertritt, deren Prämiensparverträge gekündigt wurden.

Sachverhalt:

Gegenstand der Musterfeststellungsklage sind Sparverträge, die ab den 1990er-Jahren von der Musterbeklagten, die Sparkasse Nürnberg, unter der Bezeichnung S-Prämiensparen flexibel angeboten wurden. Die Verträge sahen eine variable Verzinsung der Spareinlage und ab dem dritten Sparjahr eine verzinsliche Prämie vor. Der Anfangszinssatz war in den Verträgen konkret vereinbart. Die Prämie war als prozentualer Zuschlag auf die Vorjahressparleistung versprochen; sie stieg von anfänglich 3% der Vorjahressparleistung bis zum 15. Sparjahr auf zuletzt 50% der Vorjahressparleistung an und blieb von da an für die gesamte Vertragsdauer gleich.

Die Verträge enthielten keine Vereinbarung über die Kriterien, nach denen der Zinssatz während der Vertragsdurchführung anzupassen ist. Die von der Musterbeklagten gestellten Bedingungen für den Sparverkehr sahen vor, dass sich der Zinssatz nach dem Aushang in ihren Geschäftsräumen richtet und mit der Änderung des Aushangs eine Änderung des Vertragszinses eintritt.

Im Jahr 2019 erklärte die Musterbeklagte die Kündigung einer Vielzahl von Prämiensparverträgen, in denen die höchste Prämienstufe erreicht war, unter Hinweis auf das langjährige Niedrigzinsumfeld und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die darin einen zur ordentlichen Kündigung berechtigenden sachlichen Grund gesehen hat. Gekündigt wurden auch Prämiensparverträge, in denen es im Verlauf der Vertragsdurchführung zum Einsatz eines Formulars gekommen war, in dem als Vertragsdauer eine Laufzeit von 1188 Monaten genannt war.

Entscheidung des BayObLG:

Die mit der Musterfeststellungsklage angegriffene Zinsanpassungsklausel der Musterbeklagten ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unwirksam. Auf den Antrag des Musterklägers hat das BayObLG die Parameter festgestellt, nach denen die Zinsanpassung während der Vertragsdurchführung vorzunehmen ist.

Den für die Höhe der variablen Verzinsung maßgebenden Referenzzinssatz hat das BayObLG in Abhängigkeit vom Datum des Vertragsabschlusses bestimmt. Maßgeblich sind Zeitreihen der Deutschen Bundesbank für langlaufende Bundeswertpapiere. Bei der Auswahl des maßgeblichen Referenzzinssatzes hat sich das Gericht der sachverständigen Hilfe eines Finanzmathematikers bedient. Aus den von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zeitreihen hat es jeweils die bei Vertragsschluss historisch verfügbare Reihe ausgewählt, die die vom Sachverständigen berechnete Zinsentwicklung einer vergleichbaren Alternativanlage am besten widerspiegelt.

Das Gericht hat weiter festgestellt, dass bei der Anpassung der vertraglichen Zinsen der anfängliche absolute Zinsabstand des Vertragszinses zum Referenzzins (Differenzmethode) beizubehalten ist, sodass der Vertragszins die Änderungen des Referenzzinses konsequent nachzeichnet. Insoweit weicht das BayObLG von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab, die auf das relative Verhältnis zwischen anfänglichem Vertragszins und Referenzzins (Verhältnismethode) abstellt.

Zum Anpassungsmodus hat das Gericht zudem festgestellt, dass die Zinsanpassung monatlich und ohne Berücksichtigung einer Zinsschwelle vorzunehmen ist. Des Weiteren hat das Gericht festgestellt, dass der vertragliche Zinssatz nicht negativ werden kann.

Soweit der Musterkläger die Feststellung begehrt hat, dass an die Stelle eines variablen Zinssatzes der gesetzliche Zinssatz von 4% p.a. oder hilfsweise der jeweils vereinbarte Anfangszins trete, hatte die Klage keinen Erfolg.

Keinen Erfolg hatte die Klage auch insoweit, als der Musterkläger begehrt hat festzustellen, dass die Prämiensparverträge für die Sparkasse nicht bzw. frühestens nach Ablauf von 21 Sparjahren ordentlich kündbar seien. Diese Rechtsansicht hat das BayObLG als unzutreffend verworfen. Die Prämiensparverträge sind bei Vorliegen eines Sachgrundes für die Musterbeklagte nach dem Erreichen der höchsten Prämienstufe nach 15 Sparjahren ordentlich kündbar. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass in den Vertragsformularen die Prämientabelle über das 15. Sparjahr hinaus fortgeführt ist.

Das BayObLG hat allerdings festgestellt, dass die formularmäßige Bestimmung einer Vertragsdauer von 1188 Monaten eine einseitig zu Lasten der Musterbeklagten verbindliche Gesamtlaufzeit für 1188 Monate und einen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts der Musterbeklagten für diesen Zeitraum beinhaltet. Im Musterfeststellungsverfahren hatte das Gericht insoweit nur über den Inhalt der Klausel zu entscheiden, nicht jedoch über die Frage, ob durch die Verwendung des Formulars in der jeweiligen Kundenbeziehung eine entsprechende Änderungsvereinbarung im Einzelfall tatsächlich zustande gekommen ist.

Schließlich hat das BayObLG im Hinblick auf die Verjährung der weiteren Zinsen, die sich aufgrund einer Neuberechnung nach Maßgabe der festgestellten Parameter ergeben, festgestellt, dass der Zinsmehrbetrag als Sparkapital anzusehen ist, der Anspruch hierauf wie die Hauptforderung auf Auszahlung der Spareinlage verjährt und der Lauf der Verjährungsfrist frühestens mit dem Zeitpunkt der wirksamen Beendigung des Sparvertrags beginnt.

Gegen das Musterfeststellungsurteil kann von beiden Parteien insoweit, als sie im Verfahren vor dem BayObLG unterlegen sind, Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt werden.