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Widerspruch Lebensversicherung: Rückzahlung der Prämien und Nutzungsersatz

Nach dem erfolgreichen Widerspruch einer Lebensversicherung wird der Vertrag rückabgewickelt, d.h. der Verbraucher erhält die gezahlten Prämien abzüglich eines Betrags für den gewährten Versicherungsschutz zurück. Zusätzlich hat er noch Anspruch auf einen Nutzungsersatz, also auf den Gewinn, den der Versicherer mit den Prämien erwirtschaftet hat. In der Praxis lässt sich dieser Nutzungsersatz für den Versicherungsnehmer aber nur schwer ermitteln und darstellen. Rechtsanwalt Thomas Diler von der Kanzlei Sommerberg: „Wir vertreten die Auffassung, dass der Verbraucher hier einen Auskunftsanspruch bezüglich der erwirtschafteten Gewinne gegenüber dem Versicherer hat. Im Klartext: Der Versicherer muss diese Gewinne gegenüber dem Versicherungsnehmer offenlegen.“ Das Oberlandesgericht Nürnberg-Fürth ließ jetzt erkennen, dass es diese Auffassung grundsätzlich teilt.

In einem von der Kanzlei Sommerberg geführten Prozess in Sachen Widerspruch einer Lebensversicherung erteilte das OLG Nürnberg-Fürth folgenden Hinweis: „Der Senat sieht in rechtlicher Hinsicht Ansatzpunkte dafür, dass dem Kläger hinsichtlich der gezogenen Nutzungen ein Auskunftsanspruch zusteht.“

Der Bundesgerichtshof hat schon mehrfach entschieden, dass Versicherungsnehmer die Auflösung ihrer Lebensversicherung auch noch Jahre nach Vertragsabschluss verlangen können, wenn die darin enthaltene Widerspruchsbelehrung fehlerhaft ist. So können durch einen Widerspruch auch heute noch zahlreiche Versicherungskunden ihre unprofitable kapitalbildende Lebensversicherung rückabwickeln und dadurch hohe Ersparnisse erzielen.

Dem Versicherungsnehmer steht bei einem wirksam erklärten Widerspruch ein Anspruch auf vollständige Rückgewähr aller gezahlten Prämien zu. Hiervon ist jedoch der Wert des genossenen Versicherungsschutzes in Abzug zu bringen.

Zusätzlich zum Prämienrückzahlungsanspruch kann der Versicherungsnehmer die Erstattung der Nutzungen verlangen, die der Versicherer aus der Verwendung der Prämien gezogen hat. Die Versicherungsgesellschaft hat die Gewinne, die sie mit den erhaltenen Prämien erwirtschaftet hat, dem Versicherungskunden herauszugeben, so die ständige Rechtsprechung des BGH.

Ferner hat der BGH mit Urteil vom 11.11.2015 (Az. IV ZR 513/14) festgestellt, dass der Versicherungsnehmer vom Versicherer nur tatsächlich gezogene Nutzungen herausverlangen kann und hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt.

Fraglich ist, wer (Versicherer oder Versicherungsnehmer) die gezogenen Nutzungen darzustellen hat

„Wir vertreten dazu den Standpunkt, dass dem Versicherungsnehmer in aller Regel die Darlegung und erst recht der Nachweis zu den gezogenen Nutzungen nicht möglich ist. Dem Versicherungsnehmer fehlt es an den dafür erforderlichen Kenntnissen über die Unternehmensinterna der Versicherungsgesellschaft. Schließlich weiß ein Versicherungskunde nicht, welche Gewinne die Versicherungsgesellschaft mit den Prämien erzielt hat. Daher kann unserer Rechtsbeurteilung zufolge der Versicherungsnehmer die Auskunft über die Höhe der mit den Prämien erzielten Gewinne gegen den Versicherer geltend machen und verlangen, dass ihm der Betrag, über den die Auskunft erteilt wurde, als Nutzungsersatz auszuzahlen ist“, sagt Rechtsanwalt Thomas Diler von der Kanzlei Sommerberg.

Tatsächlich gezogene Nutzungen sind vom Versicherer darzulegen, wenn Kunde hierüber Auskunft fordert

In einem Rechtsfall, der in der Berufungsinstanz vor dem OLG Nürnberg-Fürth (Az. 8 U 714/16) behandelt wurde, hat Rechtsanwalt Diler als Prozessvertreter für einen klagenden Versicherungsnehmer wegen Lebensversicherungs-Widerspruchs neben dem Anspruch auf Prämienerstattung zusätzlich im Wege der Stufenklage einen solchen Anspruch auf Auskunft über die tatsächlich gezogenen Nutzungen und deren Herausgabe gegenüber dem Versicherer geltend gemacht. Zu diesem Auskunftsanspruch erklärte das OLG Nürnberg-Fürth nunmehr in mündlicher Verhandlung wie folgt: „Der Senat sieht in rechtlicher Hinsicht Ansatzpunkte dafür, dass dem Kläger hinsichtlich der gezogenen Nutzungen ein Auskunftsanspruch zusteht.“

Anwalt Diler dazu: „Wir sehen unsere Position mit diesem Hinweis des OLG gestärkt, dass es die Aufgabe des Versicherers ist, die Höhe des Nutzungsersatzes darzustellen, wenn der Kunde hierüber Auskunft fordert.“ Auch aus dem Urteil des BGH vom 11.11.2015 geht nicht hervor, dass dem klagenden Versicherungsnehmer grundsätzlich kein Auskunftsanspruch zustehe. Schließlich hat der BGH lediglich eine Erklärung zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast abgegeben. Ferner hat der BGH erklärt, dass nur tatsächliche Nutzungen herausverlangt werden können. Damit gibt es aber keine Aussage des BGH, die dahingeht, dass der Versicherungsnehmer die tatsächlichen Nutzungen darzulegen und zu ermitteln hat. Sommerberg-Anwalt Diler weiter „Hier besteht vielmehr die unseres Erachtens nach berechtigte Möglichkeit des Versicherungsnehmers, einfach Auskunft vom Versicherer über die gezogenen Nutzungen zu beanspruchen. Dann obliegt dem Versicherer schlussendlich die komplexe Aufgabe, den Nutzungsersatz zu ermitteln.“

In dem konkreten Fall haben sich beide Parteien am Ende verglichen, sodass es letztlich zu keinem Urteil des OLG gekommen ist. Rechtsanwalt Diler: „Der Hinweis des OLG, dass der Verbraucher einen Auskunftsanspruch bezüglich der gezogenen Nutzungen hat, lässt aber erkennen, dass bei einem Widerspruch mehr herauszuholen ist als die Rückzahlung der Prämien.“

 

 

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Die Commerzbank wurde zu Recht verurteilt, ihrem Kunden Schadensersatz zu leisten, weil sie ihm eine Schiffsfondsbeteiligung an dem CFB-Fonds Nr. 166 vermittelt hat. Dies stellte der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main fest (Az. 1 U 37/13).

Das Gericht begründet seine Entscheidung damit, dass die Commerzbank es versäumt hat, ihren Kunden über die Provisionen aufzuklären, die an sie als Rückvergütung dafür geflossen sind, dass sie dem Kunden die Fondsbeteiligung vermittelte. Die Bank ist deswegen regresspflichtig.

Nach der sogenannten Kick-Back-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) kann ein Kunde nämlich Schadensersatz verlangen, wenn ihm die Bank verheimlicht, ob und in welcher Höhe sie für die Fondsvermittlung Rückvergütungen bekommt.

Der Bankkunde wurde in dem vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall vertreten von der im Bank- und Kapitalmarktrecht tätigen Bremer Kanzlei Sommerberg LLP. Thomas Diler, Rechtanwalt bei der Kanzlei Sommerberg LLP sagt: „Den Streit zwischen Kunde und Bank um die Ursächlichkeit, sogenannte Kausalität, entschied das OLG Frankfurt am Main zugunsten des Kunden.“

Ein Schadensersatzanspruch besteht nach geltender Rechtslage nur dann, wenn die der Bank vorgeworfene Pflichtverletzung, also die unterlassene Offenlegung der Rückvergütungen, auch ursächlich für die Anlageentscheidung des Kunden war. Diese Kausalität wurde vom OLG Frankfurt am Main bejaht und damit begründet, dass für den Anleger eine Kausalitätsvermutung gilt, die von der Bank auch nicht widerlegt werden konnte.

Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, und die Bank muss beweisen, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben, den unterlassenen Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese Vermutung gilt grundsätzliche für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen, so die ständige Rechtsprechung des BGH.

Die Commerzbank konnte der Beurteilung des OLG Frankfurt am Main zufolge diese Kausalitätsvermutung nicht widerlegen. Es ist nämlich nicht zweifelsfrei feststellbar, dass der Kunde auch in Kenntnis der tatsächlich geflossenen Provisionen den Fonds gezeichnet hätte.

Das Gericht ließ auch das Argument der Commerzbank nicht gelten, dass der Kunde Kenntnis von den Provisionen hätte gehabt haben müssen, weil er versucht habe, mit der Bank über eine zumindest teilweise Rückerstattung des von ihm an den Fonds zu zahlenden Agios zu verhandeln. In seinem Urteil begründet das OLG Frankfurt am Main dies wie folgt:

„Aus dieser grundsätzlich gegebenen Verhandlungsbereitschaft des Klägers in Bezug auf Rückvergütungen ergibt sich gerade nicht eine Widerlegung der Vermutung aufklärungsrichtigen Verhandelns. Der Grund für die Aufklärungspflicht über Rückvergütungen liegt nicht darin, dass beim Anleger andernfalls eine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen könnte, sondern darin, dass er das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen kann. Solange nicht feststeht, dass Rückvergütungen für den Kläger völlig bedeutungslos waren, ist daher seine Bereitschaft, bei der gebotenen Aufklärung über die Höhe einer Vergütung zu verhandeln, nicht geeignet, die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens zu widerlegen.“

Rechtsanwalt Thomas Diler meint, diese Entscheidung werde auch für eine Vielzahl weiterer Fälle von Relevanz sein: „Immer wieder versuchen die Banken die für den Schadensersatzanspruch des Kunden erforderliche Kausalitätsvermutung mit Hinweis darauf zu widerlegen, dass der Kunde doch die Provisionen gekannt habe oder jedenfalls vermutet haben müsse, dass die Bank eine Provision bekommt, weil er um die Höhe oder um die Rückerstattung des Agios mit der Bank verhandelt hat. Mit seiner von uns erwirkten Entscheidung hat das OLG Frankfurt dieser Argumentation der Banken jetzt aber eine deutliche Absage erteilt.“

Auch in vielen anderen parallelen Gerichtsverfahren wegen Schadensersatz aufgrund verheimlichter Provisionen dürften sich damit die Prozessaussichten für solche klagenden Bankkunden verbessern, die bei der Zeichnung eines Fonds mit der Bank um das Agio gefeilscht haben.

 


Autor: Thomas Diler / Google+
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